Montag, 4. Juli 2011

Kleiner Zwischenstand

Wir sind im Juli angelangt und leider habe ich nur noch zwei Wochen zusammen mit meinen Mitfreiwilligen in Ngarama, denn die fliegen dann schon zurück nach Deutschland! Allerdings bleibe ich nicht lange alleine, weil nachdem mich Andreas und Barbara am 15. Juli besuchen kommen, wird die Nachfolgerin von Olli schon am 25. Juli nach Ngarama sein. Bin schon sehr gespannt, weil ich noch sechs Wochen mit ihr verbringen darf und dann noch einmal die Anfangszeit „passiv“ miterlebe.
Im Moment habe ich sehr viel zu tun, weil auch ich langsam auf das Ende hinarbeite und noch vieles erledigen muss/will. Zum Beispiel muss das Prothesen-/Orthesenprojekt demnächst abgeschlossen werden. Von einem Spender aus Deutschland habe ich über Ingear Geld zur Verfügung gestellt bekommen, um eben diese Hilfsmittel zu besorgen. Das gestaltet sich langwieriger und schwieriger als gedacht: Termine ausmachen und wieder verschieben, endlich hinfahren und den Techniker nicht finden, Preise und Materialien verhandeln, versuchen zu erklären was man genau haben will, wieder beschwerliche Busfahrten, zurückkommen zur Anprobe, nochmal den Preis verhandeln, alles mit Bildern und Rechnungen dokumentieren.
Zum anderen habe ich mir vorgenommen zu jedem Kind mit dem ich gearbeitet habe einen Abschlussbericht zu schreiben. Damit der hier auch in der Zukunft etwas nützt natürlich auf Englisch, was das Ganze auch wesentlich in die Länge zieht (oder weiß jemand was Beckendorsalkippung auf Englisch heißt – der dicke Langenscheidt weiß das nicht!).
Bei dem noch nicht abgeschlossenen Bau des Zentrums will ich auch immer mitmischen und werde auch um Rat gefragt, wie was am besten zu gestalten sei. Macht Spass, aber auch zusätzliche Arbeit. Ab morgen fange ich an eine Betreuerin mit Physiotherapie anzulernen, denn meine Nachfolgerin ist keine Physiotherapeutin. Im Prinzip finde ich das ganz gut, denn wenn die Betreuerin die Behandlungen gut hinkriegt, dann ist es prima, wenn ab nächstem Jahr zusätzlich jemand nur für die Betreuung da ist.
Mit dem Verkauf der Produkte aus Bananenblättern hatte ich in letzter Zeit auch relativ viel zu tun, denn viele Freiwillige fahren nach Hause und wollen noch etwas einkaufen.
Seit einiger Zeit versuchen wir eine Patenschaft mit einem Behindertenzentrum in England aufzubauen und da übernehme ich den E-Mail-Kontakt und kleine Bastelarbeiten mit den Kindern, die wir dann nach England schicken können.
Neben der Arbeit wird gerade die Abschiedsparty für die anderen drei geplant, mit Johanna (eine dieser drei Freiwilligen) möchte ich in Deutschland eine Fotoausstellung machen, da müssen wir noch aussuchen, zusammenstellen, rumdiskutieren.
Die Tage sind voll und anstrengend. Ich denke gerade viel an zu Hause und habe langsam Lust darauf, dass es weitergeht, dass die Zukunft anfängt und etwas Neues kommt. Ich hoffe, dass ich noch alles schaffe, was ich mir für die kommenden Wochen vorgenommen habe und im September mit einem guten Gefühl nach Hause fliegen kann.

Dienstag, 7. Juni 2011

Urlaub

Urlaub!

Seit genau einer Woche bin ich wieder in Rwanda, nachdem ich drei Wochen lang in Tanzania unterwegs war, worüber ich heute gern was berichten will.
Vor dem Urlaub sah es kurz so aus, als müsste der Tourstart für mich verschoben werden, da ich die Woche zuvor mit einer Nierenentzündung zu Hause lag und es mir wirklich nicht besonders gut ging. Aber dank Antibiotikum war ich zum Glück fit für den großen Urlaub, auf den ich mich schon seit Ewigkeiten freue.
Am Montag, 02. Mai, hatten wir in Kigali noch einen Seminartag zum Thema Entwicklungszusammenarbeit. Für mich ein ziemlich interessanter Tag, denn mich hat es noch mal sehr stark zum nachdenken darüber angeregt, was Entwicklungshilfe und Spendengelder eigentlich bewirken, was sie nützen und auch kaputt machen, warum wir eigentlich spenden, was man verbessern kann und was im Moment falsch läuft in der Entwicklungshilfe, die noch immer Hilfe und nicht die eigentlich notwendige Zusammenarbeit ist. Aber dazu vielleicht ein anderes Mal – jetzt Urlaub.
Am Dienstagmorgen haben wir uns um 5 Uhr aufgemacht im Bus nach Tanzania. Über die Grenze fahren geht hier nicht so einfach wie in Europa. Da hieß es erstmal auf rwandischer Seite raus aus dem Bus, zu Fuß zum „ausstempeln“ aus Rwanda, dann über den Grenzfluss nach Tanzania, dort „einstempeln“ und Visum bezahlen und schließlich auf den Bus warten, bis der auch in Tanzania angekommen ist, die Straßenseite gewechselt hat (in Tanzania fährt man wie auch in Uganda auf der linken Seite) und man wieder einsteigen kann.
Nur wenige Fahrminuten nach der Grenze waren die Hügel Rwandas weg und die Weiten Tanzanias begannen. Schon bis wir in Mwanza, unserem ersten Ziel am Victoria See, angekommen waren hatten wir all die vom Gesundheitsdienst verbotenen Sachen hinter uns: Eis, offene Säfte, Obst auf der Straße gekauft. War echt lecker und den drohenden Durchfall – der nicht kam – kann man bei einem schönen Stück Wassermelone schon mal vergessen. Mwanza fand ich bis auf die Tatsache, dass es am größten See Afrikas liegt, nicht besonders spannend und so ging es freitags für mich weiter nach Arusha. Von Anna und Lotte, mit denen ich in Kigali aufgebrochen bin (auch ww-Freiwillige), habe ich mich dann für drei Tage getrennt, weil die beiden in der Zeit zur Safari in die Serengeti gefahren sind.
Die Fahrt nach Arusha war ziemlich abenteuerlich, weil die Straße nicht gerade die beste ist, die Reise insgesamt 14Stunden gedauert hat und die nette Frau vor mir immer das Fenster offen hatte, was mir einen dezenten roten Ganzkörper-Sandbelag beschert hat. Aber gelohnt hat es sich auf alle Fälle, Arusha ist eine tolle Stadt. Ein ganz anders Afrika als das was ich aus Rwanda kenne, da es viel stärker islamisch geprägt ist. Bis auf die nervigen Leute, die einem immer Safaris, Bilder, Massaidorfausflüge usw andrehen wollen habe ich es total genossen, mal zwei Tage ganz alleine eine Stadt zu erkunden. Hier war ich auch ordentlich Shoppen auf dem Massaimarkt – als Touri darf man das: Unnütze Sachen kaufen, die dann später zu Hause verschenkt werden! Und natürlich Essen. In Tanzania ist man etwas kreativer mit dem Kochen als in Rwanda (auf Zanzibar haben wir später noch Rezepte aus einem Kochbuch abfotografiert – also geklaut -, ich kann jetzt zu Hause für euch die ganzen leckeren Sachen machen) und es gibt andere Gewürze außer Salz und Pilipili.
Am Montag kamen Lotte und Anna nach Arusha und wir waren zusammen im UN International Criminal Tribunal for Rwanda. Dort werden noch 17 Jahre nach dem Genozid Gerichtsverhandlungen geführt und wir hatten Glück und es fand gerade die Vernehmung eines Zeugen statt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine Gerichtsverhandlung so spannend finden würde. Wir saßen hinter einer Glaswand mit Kopfhörern, der Zeuge mit dem Rücken zu uns und über die Kopfhörer wurde auf Englisch und Französisch die Verhandlung übertragen. Natürlich habe ich schon vieles über den Völkermord gelesen, aber wirklich zu hören, wie jemand über diese Zeit berichtet, wie ihm kritische Fragen gestellt werden, wie nochmal Details genannt werden, von denen ich nichts wusste, machen die Geschichte Rwandas wieder greifbarer und wirklicher. Dieser Besuch hat uns sehr beeindruckt und auch zum Nachdenken gebracht.
Am nächsten Morgen ging es schon weiter nach Moshi, eine Stadt ganz in der Nähe Arushas, von der aus man den Kilimanjaro sehen kann. Leider war es bewölkt, wir haben gar nix gesehen. Dafür haben wir uns Moshi angeschaut, ich hab die schönste Moschee gesehen und vergessen sie zu fotografieren, wir haben es zu dritt nicht mal zur Hälfte geschafft einen der riesigen Baobab-Bäume zu umarmen, wieder Souvenirs gekauft, Busticket nach Dar es Salam besorgt, schlafen.
Wieder weiter mit dem Bus und weil es eben Tanzania und nicht Rwanda ist dauert so eine Busfahrt halt nicht nur drei Stunden, sondern mal wieder einen ganzen Tag. Dar es Salam erinnert im Zentrum mehr an eine europäische Stadt: zweispurige Zubringerstraßen aus den Vororten, riesige Hochhäuser, Fastfood-Restaurants. Da konnten wir einer Pizza natürlich nicht widerstehen… Ah, fast hatte ich es vergessen, das beste Getränk der Welt: STONEY TANGAWIZI! Limo mit Ingwer – geil (ich denke es ist noch niemandem aufgefallen, dass Essen ein essentieller Teil meiner Reise war, oder?)
In Dar es Salam haben wir uns zum Glück ordentlich verlaufen und deshalb viel von der Stadt gesehen, wir waren auf dem Fischmarkt (ja, Fisch stinkt und vor allem die riesigen Kessel mit heißem Fett, wo die Fische frittiert werden) und auf einer kleinen Insel direkt vor Dar es Salam mit einem Strand wie man es aus dem Reiseprospekt kennt. Ich war seit sechs Jahren nicht mehr am Meer und dann gleich so ein Strand!
Aber der richtige Standurlaub kam erst noch auf Zanzibar, unsrer letzten Station.
Also mit der Fähre drei Stunden Fahrt über den indischen Ozean auf Zanzibar. Die ersten zwei Tage waren wir in Zanzibar Town, genauer gesagt der „Altstadt“ von Zanzibar Town, Stonetown. Hier hab ich mich nun wirklich nicht mehr wie in Afrika gefühlt sondern eher irgendwo in der arabischen Welt. Sollte ich noch einmal eine große, längere Reise machen können, würde ich ein arabisches bzw. muslimisches Land wählen. Stonetown besteht aus vielen kleinen Straßen, gesäumt von zwei- oder mehrstöckigen Häusern mit schweren Holztüren und mit winzigen oder gar keinen Durchgängen dazwischen, kleinen Balkonen und winzigen Läden, die wieder unzählige Souvenirs verkaufen. Dazwischen Moscheen und Hindutempel. Abends werden in den kleinen Straßen die Teekocher aufgestellt und rundherum versammelt man sich zum Teetrinken. Dann natürlich noch das Highlight: abends im Hafen gibt es ein riesiges Fischbarbecue. Eigentlich bin ich ja nicht so der Fischfan, aber das war erstens ziemlich lecker und zweitens gegrillten Fisch essend am Hafen sitzen hat schon was…
Aber wir wollten ja an den Strand und nur noch fünf Tage übrig. Nachdem wir uns am Oststrand angekommen dazu entschieden hatten doch lieber in den Norden zu fahren und wir ein paar nicht sehr schöne Erfahrungen mit tanzanischen Ärzten gemacht haben, weil Anna krank wurde, waren es plötzlich nur noch zwei Strandtage, die sich aber auf jeden Fall mehr als gelohnt haben. Weißer Sandstrand, türkises Wasser, Sonnenschein, beachen im Sonnenuntergang, Cocktail in der Strandbar, Schnorcheln und Schwimmen im klaren Wasser.
Damit war der Urlaub auch schon vorbei und eine ewige 35Std dauernde Rückfahrt später war ich auch schon wieder in Ngarama angekommen.
Der Urlaub war schön und es war total wichtig mal ein anderes Land gesehen zu haben, sonst würde Afrika für mich immer so sein wie Rwanda ist.
Noch weniger als 100 Tage sind übrig, die ich nachm Urlaub jetzt voll entspannt genießen kann!

Sonntag, 27. März 2011

was ihr immer denkt...

Sorry, sorry. Long time. Situation is good in Rwanda. Electricity is coming soon.
So, heute moechte ich gerne einmal ein bisschen aufraeumen mit Vorurteilen und Meinungen, die ich in E-Mails lese und in Telefonaten heraushoere. Es ist naemlich alles ganz anders als ihr denkt...
Erstmal zu mir selber: ich bin hier kein wohltaetiger Samariter, der selbstlos hier seinen Dienst tut. Nein, ich bin hier vorrangig aus egosistischen Gruenden hergekommen, um was neues zu erleben, um einen Traum zu erfuellen, um Spass zu haben. Ich bin weder Entwicklungshelfer noch allwissende Europaeerin, die den "dummen Afrikanern mal zeigt, wie sie ein gutes Leben fuehren koennen" - das koennen die naemlich schon ganz gut alleine.
Obwohl ich ja Volunteer bin, also Freiwillige und damit eigentlich unbezahlt, verdiene ich durch das Taschengeld von der GIZ (seit Januar gibts den DED nicht mehr, mehrere Organisationen wurden zusammengefasst) doppelt so viel wie ein ruandischer Lehrer verdient - davon laesst sichs ganz gut leben, vorallem da unsere Unterkunft nochmal separat bezahlt wird. Ich arbeite etwa sechs Stunden am Tag, auch nicht grade ein Heldentat. An den Wochenenden reise ich viel und besuche andere Orte in Ruanda. Selbstverstaendlich ist das nicht, denn in meinem Dorf gibt es wohl nicht viele Leute, die schonmal aus ihrem District heraus gekommen sind.

Ich will weltwaerts auf keinen Fall schlecht reden, denn fuer mich persoenlich ist es eine unglaublich wichtige Erfahrung und ich werde - was der eigentliche Sinn hinter der ganzen Aktion ist - auch nach meiner Rueckkehr das Interesse an der Entwicklungszusammenarbeit nicht verlieren und mich engagieren. Das Einzige was mir etwas schwer im Magen liegt ist, dass ich das Gefuehl habe zu Hause denken viele Leute ich bringe hier ein grosses Opfer, ich "helfe" selbstlos und muss unglaublich bewundert werden, nur weil ich keine Fussbodenheizung in der Wohnung und U-Bahnen vor der Haustuere habe. Ich lebe hier sehr gut und ich muss -abgesehen davon, dass ich euch leider so ewig lange nicht sehen kann - ueberhaupt kein Opfer bringen!

Das zu mir und dann gibts da ja noch abstruse andere Vorurteile:
- in Afrika (ich bin uebrigens in Rwanda, das ist ein Land, Afrika ein Kontinent; auch in den verschiedenen europaeischen Laendern gibt es Unterschiede, wir wollen doch nicht generalisieren) ist alles dreckig und vermuellt. Naja, was ich so gesehen habe, sind die dreckigsten Haeuser hier von deutschen Freiwilligen bewohnt, da die meisten Ruander morgens als erstes das Haus und den Platz vor dem Haus fegen. Jeden Tag und gruendlich. Danach wird sich gewaschen und zwar ordentlich, nicht nur schnell unter die Dusche stellen und ein bisschen Wasser drueber laufen lassen, wie wir das so gerne machen. Schuhe gibt es auch in "Afrika", denn barfuessig laufen nur Strassenkinder herum. Auf das Auessere wird grossen Wert gelegt und da wurde mit Sicherheit schon das ein oder andere Mal ueber diese Volunteers geredet, die doch wirklich mehr als genug Geld haben und trotzdem in diesen abgeranzten Chucks rumlaufen.
- die Menschen leben in kleinen Lehmhuetten. Ja, was soll man dazu sagen... Nein?! Natuerlich, es gibt Lehmhuetten, deren Fenster kaum Licht ins Haus lassen und die auch nicht verglast, sondern mit einem Holzvorschlag verschlossen sind. Aber wozu auch grosse Fenster im Haus? Das Leben findet draussen statt: der Tag beginnt mit dem Sonnenaufgang, wenn die Arbeit auf dem Feld beginnt. Gekocht, gegessen, gewaschen wird draussen und das Haus ist zum Schlafen da und da braucht man meistens relativ wenig Licht, weil man sowieso die Augen zu hat und nichts sieht.
Ich habe kaum Haeuser gesehen, die mit Stroh gedeckt waeren. Alle haben Ziegel- oder Wellblechdaecher. Viele haben einen kleinen Garten angelegt mit Blumen und Rasenflaechen und ich behaupte, dass der Grossteil der rwandischen Haeuser sauberer ist als der Grossteil deutscher Studenten-WGs.

- in den Bussen gibt es Sitze, die Motorradfahrer tragen Helme, es gibt in der Stadt Ampeln und Zebrastreifen, man kocht in Toepfen und isst mit Besteck, die Maenner gehen abends Bier trinken und Fussball schauen in der Kneipe, es gibt Seife, Schwaemme und Putzlappen.
Ich koennte noch tausend andere Sachen aufzaehlen, die es so gibt, von denen ich garnicht vermuten koennte, dass ihr denkt "das gibts doch in Afrika garnicht!".
Bitte glaubt mir, ich leide hier nicht, man kann wunderbar in Rwanda leben, ich bin keine zukuenftige Heilige!

Freitag, 7. Januar 2011

Weihnachten 2010

Tatsaechlich ist Weihnachten jetzt vorbei. Ich hatte befuerchtet, dass ich schreckliches Heimweh kriegen wuerde, aber das war zum Glueck nicht der Fall - trotzdem ist es gut, dass Weihnachten jetzt vorbei ist. In Kurzform werde ich erzaehlen, was ich in der Weihnachtszeit so alles gemacht habe.
Von zu Hause kennt man ja die wochenlange Beschallung mit Weihnachtsmusik, die Bombadierung mit Weihnachtsdeko und den Geschenkerausch kurz vor Heilig Abend. Von all dem hab ich dieses Jahr nichts mitbekommen und deshalb war auch bis zum 24. noch keine Weihnachtsstimmung bei mir eingekehrt. Zwar haben wir bei Gluehwein (danke Mama fuer das Gluehfix) und Lebkuchen (danke Physio-Maedls) mit den Priestern aus Ngarama, einem improvierten Adventskranz und Gitarrenweihnachtsgedudel versucht ein bisschen Weihnachtsstimmung zu verbreiten, was aber nicht sonderlich gelang. Der Gluehwein hat glaub ich nicht dem Geschmack unserer ruandischen Gaeste entsprochen und ohne Kaelte und Schnee kann auch gar nicht Weihnachten sein.
Nachdem ich lange, lange hin und her ueberlegt hatte, ob ich an Weihnachten in Ngarama bleiben oder doch wie eigentlich abgemacht nach Butare zu den anderen Freiwilligen soll, habe ich mich letztendlich doch fuer Butare entschieden. Fuer die Kinder im Zentrum, die nicht nach Hause fahren durften ueber Weihnachten oder die schlichtweg keine Familien haben, habe ich Geschenke (Luftballon, Kugelschreiber, Suessigkeiten, Malbuch) vorbereitet und dann einfach am 23. schon mal Weihnachten vorgefeiert. Neben den Geschenken hab ich noch Amandazi mitgebracht. Lecker, fettiges, fritiertes Gebaeck. Ich weiss jetzt auch (theoretisch) wie man's macht, naechstes Jahr an Weihnachten wirds in Zeilarn Amandazi geben. Es war ein schoener Nachmittag und die Kinder haben sich sehr ueber die Kleinigkeiten gefreut.
Am 24. hab ich morgens noch gewaschen und geputzt, bevor ich mich mit dem Moto (Motorradtaxi) zur Muhanda munini (grosse Strasse) aufgemacht habe, um dann mit dem Bus nach Kigali und weiter nach Butare zu fahren. Leider hab ich nicht damit gerechnet, dass wirklich ganz Ruanda an diesem Tag unterwegs zu sein scheint und deshalb auch alle Plaetze im Bus nach Butare ausnahmslos ausgebucht waren. Scheisse. Da standen Sven (ein anderer wwF aus Kigali) und ich nun verloren und wussten nicht, wo wir jetzt unseren Heilig Abend verbringen sollen. Nachdem ich noch angesprochen wurde ein Interview fuer einen Radiosender zum Thema "Reisen an Weihnachten" zu geben (hab ich natuerlich gemacht, kennt mich ja eh keiner) und es angefangen hat wie aus Kuebeln zu regnen, war dann auch schon alles ziemlich egal. Wir fandens eigentlich schon fast lustig. Da kam aber dann doch noch die Rettung in Form von zwei Maennern, die Tickets nach Butare gekauft hatten, aber dann doch nicht brauchten. Also: um halb 6 in den Bus, um 8 angekomen, also doch Weihnachten in Butare!
Das hat sich dann auch wirklich gelohnt, weil sich die Freiwilligen dort richtig ins Zeug gelegt hatten, was Weihnachtsdeko und co anging. Nach dem Essen (Kartoffelknoedel) gabs dann grosses Geschenkeauspacken. Erst die Wichtelgeschenke und danach hat sich jeder an die Pakete von zu Hause gemacht. Danach noch mit daheim Telefonieren und Pipi Langstrupf auf dem Laptop anschauen. Erster und zweiter Weihnachtsfeiertag war eigentlich nicht viel anders als zu Hause: rumliegen, essen, lesen, essen, Plaetzchen essen, schlafen, essen, ... Was natuerlich zu einem richtigen Weihnachten gefehlt hat war Kammererweihnachten am 25. mit anschliessendem Weihnachts-E und zum Sonnen hab ich mich am 2. Weihnachtsfeiertag auch noch nie in den Garten gelegt - ja, und ich hatte Sonnenbrand...
Am Montag hab ich mich dann wieder auf die Heimreise gemacht, die "wegen des erhoehten Verkehrsaufkommens um Weihnachten" auch etwas beschwerlicher als sonst war. Das war mein Weihnachten 2010 in Kuerze.
Ach ja und zu Weihnachte gehoert auch immer noch Silvester, das ist in zwei Saetzen erzaehlt: Kigali, 20 Uhr, das Saufspiel beginnt. Kigali, 21 Uhr, das Saufspiel und damit auch der restliche Abend ist fuer mich beendet. Um 3 Uhr am 1.1.2011 bin ich wieder aufgewacht. A guads neis!

Samstag, 23. Oktober 2010

Wörk

Nachdem sich schon so mancher über mangelnde Blogeinträge beschwert hat, Bitteschön.


Pünktlich zu meinem Geburtstag habe ich jetzt endlich ein Regal bekommen und die Sachen aus meinem Koffer räumen können. Da fühlt man sich auf jeden Fall nochmal ein Stückchen wohler. Nach einem kurzen Heimwehtief am Morgen meines Geburtstags hatte ich einen echt schönen Tag, vor allem wegen der lieben Anrufe und Nachrichten von zu Hause über den ganzen Tag verteilt und wegen meiner Mit-Muzungus hier in Ngarama, die mir ein Kekse-Schokolade-Saft-Paket geschenkt haben und mit mir zum Ziegenfleischspießessen gegangen sind. Hat mich ein bisschen an eine Grillfeier zu Hause erinnert und war mit ruandischem Bier echt ein schöner Abend.

Da ich aber am nächsten Tag wieder zur Arbeit musste und wir alle unglaublich dringend aufs Klo mussten und ein solches im Restaurant nicht gefunden haben, haben wir nach 3 Bier den Heimweg angetreten – für Olli und mich nur 50m, für Benita und Johanna noch 40min Fußweg zum andren Ende des Dorfes. Was ich allerdings nur gerecht finde, weil ich auch zweimal pro Woche zum Kinyarwandaunterricht dorthin laufen muss. Vorausgesetzt der findet statt…

Jetzt muss ich aber endlich mal von meiner Arbeit erzählen:

Ich arbeite in einer Einrichtung für behinderte Kinder, die vor 4 Jahren als Eigeninitiative der Mutter eines Kindes mit Epilepsie entstanden ist. Im Moment wohnen in dem viel zu kleinen Haus 24 Kinder, die von fünf Frauen betreut werden. Diese Frauen sind in keinster Weise für diese Arbeit ausgebildet und im Prinzip auch den ganzen Tag mit waschen, putzen und Essen zubereiten beschäftigt, weshalb die Kinder sich selbstständig beschäftigen müssen. Da ist die Freude natürlich groß, dass ich für 5 Stunden am Tag da bin und Zeit habe. Leider fehlt von dem in der Projektbeschreibung versprochenen Physiotherapeuten, den ich unterstützen sollte, jede Spur. Das gibt mir zwar auf der einen Seite die Möglichkeit in der Therapie das zu machen was ich möchte, aber auf der anderen Seite kann ich auch keinem Kind gerecht werden, weil die Zeit, der Platz, die Hilfsmittel, die Therapiegeräte, die Verständigungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind.

Es gibt eine „Therapiematte“, die mehr kaputt als ganz ist und ständig von mindestens 3 Kindern belegt. Mittlerweile klappt es aber schon relativ gut klar zu machen wer jetzt dran ist und wer nicht. Der Rest beschäftigt sich dann selber oder schaut zu, bzw. will kwandika (schreiben) und kriegt dann mein Notizbuch und Kugelschreiber.

Ich versuche mir immer eine halbe Stunde pro Kind Zeit zu nehmen und seit 2 Wochen kommt auch ein Kind mit seinem Vater zur ambulanten Therapie dreimal pro Woche. Ich hoffe es werden nicht noch mehr, weil ich sonst gar nichts mehr schaffe.

Die Arbeit macht eigentlich immer Spass – klar, morgens loszugehen ist nie schön und mit vollem Magen nach der Mittagspause auch nicht. Aber wenn man an der Türe schon mit lautem „Kathiiiii“ begrüßt wird… naja, wer freut sich da nicht?! (vorausgesetzt man heißt Kathi)

Nach den täglichen fünf Stunden muss ich dann aber auch weg, weil es wirklich anstrengend ist und ich dazwischen nie Pause habe. Irgendjemand will immer meine Aufmerksamkeit haben (reba, Kathi, reba! – Schau, Kathi, schau!) Vielleicht kann ich im Laufe des Jahres noch etwas in die organisatorische Arbeit zusätzlich mit einsteigen, weil die Dokumentation im Moment ein ziemlicher Blätterwald zu sein scheint. Aber das hat noch Zeit. Erstmal meinen Physio-Job ordentlich machen und Kinyarwanda lernen.
Neben meinen Versuchen mich als Physiotherapeutin auszuprobieren kriege ich nämlich noch gratis Kinyarwanda-Unterricht von den Kindern, die es immer gar nicht verstehen können, dass ich mir diese doch so einfachen Wörter – die sich alle gleich anhören – nicht verstehe. Aber: aufstehen, hinsetzen, umdrehen, stehen bleiben, weg gehen, zurück gehen, sich ausruhen, Schmerzen haben usw. hab ich schon drauf!

Mit meinem Paket, das ich schon sehnsüchtig erwarte und beim nächsten Taschengeldwochenende in Kigali abhole, kommen Bälle und Co., dann kann ich vielleicht auch bisschen mehr machen…



UND: in zwei Wochen könnte es endlich klappen Fotos hochzulanden. Man darf gespannt sein auf Landschaftsbilder, Bilder vom Haus und von der Arbeit.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Wos is a Titel? Des gibts neda

(Das was oben drüber steht ist ein huber´scher Insider, also nicht wundern)

Wo soll ich anfangen? Die Zeit vergeht, seit einem Monat bin ich hier, langsam beginnt der Alltag. Unser Haus lässt noch etwas zu wünschen übrig, da noch einige Dinge fehlen wie z.B. funktionierende Abflüsse in sämtlichen Waschbecken, Licht in Ollis Zimmer, Vorhänge im Wohn-/Esszimmer. Aber: Seit Freitag sind Vorhänge beim Schneider und mein Regal beim Schreiner bestellt und ich bin zuversichtlich, dass ich noch im Oktober im Besitz eines nagelneuen Regales sein werde und endlich meine Sachen aus dem Koffer räumen kann.

Auch wenn es sich so anhört, als hätten wir gar nichts – ich hab nicht das Gefühl, dass ich etwas vermisse. Klar, ein Regal macht das Ganze schon etwas gemütlicher, aber ein aufgeklappter Koffer ist auch kein wirkliches Problem. Genauso wenig fehlt all das andre Zeug, das zu Hause so rumsteht. Ich habe gar keine Zeit und auch keine Lust auf Dinge wie Fernsehn (@Betty&Anna: obwohl Trash schauen mit euch natürlich schon mal ganz schön wäre). Mein Tag ist ziemlich voll:

Um 6 Uhr bin ich meistens wach, weil dann die Sonne aufgeht und draußen das Leben beginnt. Ich bleibe dann noch bis halb 8 liegen, höre Musik, lese, schlafe nochmal ein. Um halb 8 dann aufstehen Banane und noch vorhandenes (leider nicht mehr lange) Vollkornbrot von zu Hause mit Honig essen, Plan für die Arbeit schreiben und kurz vor 9 zur Arbeit aufbrechen. Da bin ich dann bis um 12 – manchmal geh ich auch früher, wenn ich keine Lust mehr habe… Danach um halb 1 in die Pfarrei zum Essen mit den Priestern. Wieder zurück nach Hause. Natürlich alles zu Fuß. Wie alle anderen Menschen hier ist man einen beachtlichen Teil des Tages einfach nur unterwegs. An das Tempo muss ich mich noch gewöhnen, weil die Fortbewegung gelinde gesagt langsam ist. Hab mal versucht in der Geschwindigkeit eines alten Mannes vor mir zu gehen: ich habe mich echt bemüht, aber egal wie klein meine Schritte waren, nach ein paar Metern musste ich überholen (@Mama: hier würdest du mit der Walking-Crew ordentlich Eindruck machen). Nach dem Mittagessen hab ich bis um 3 frei. Natürlich lassen sich diese zwei Stunden hervorragend für meine andre Lieblingsbeschäftigung neben Essen nutzen: Schlafen! Frisch gestärkt oder auch total schläfig geht’s dann zurück zur Arbeit. Jetzt sind auch die Kinder zurück, die vormittags in der Schule sind und in dem einzigen Aufenthaltsraum (der zugleich Therapieraum ist) ist ordentlich was los. Das Arbeitsumfeld optimal zu gestalten meistens etwas schwierig (@Fr Herrmann: ökonomische Arbeitshaltung: nicht möglich, @Fr. Kleiß: ha, ich hab keine Schuhe an bei der Arbeit). Etwa um 5 komme ich nach Hause und nehme mir, weil ich furchtbar Durst habe, vor am nächsten Tag VOR der Arbeit Wasser abzupumpen. Duschen ist eigentlich die einzige Option für die kommenden Minuten, weil die hygienischen Umstände im Zentrum nicht die besten sind und ich ständig auf dem Boden herumturne. Danach wird auf den Strom gewartet, der relativ zuverlässig von 18-22 Uhr kommt. Abendessen gibt’s inzwischen zu Hause, nachdem wir anfangs auch da bei den Priestern waren. Ohne Kochmöglichkeit (sie wird kommen…) bleibt da meist nur Brotzeit mit Tomaten, Avocado, Kohl, Ananas, Maracuja und nicht zu vergessen: BANANEN. Hab noch nie so viele Bananen gegessen wie hier! Jetzt ist Zeit für Briefe und Tagebuch schreiben, lesen, Schuhe putzen, Wäsche waschen, Haus putzen, Kinyarwanda lernen, nichts tun. Um 10 liege ich spätestens im Bett, weil ich erstens hundemüde bin und weil zweitens sowieso der Strom weg ist.

Noch eine kleine Vorschau, was in nächster Zeit bei mir ansteht: nächstes Wochenende wollen wir Ngarama-Muzungus auf Reisen gehen und einen Tag hier in der Gegend herumwandern, meine Gitarre habe ich in Kigali letztes Wochenende bestellt und beim nächsten Taschengeldwochenende kann ich sie abholen (@Carmen: Bandprobe?), am ersten Novemberwochenende geht’s wahrscheinlich in den Akagerapark: Safari!



Wahrscheinlich habt ihr eh schon längst alle aufgehört zu lesen. Aber egal, noch ein Nachtrag: letzten Montag war in Kigali in der dt. Botschaft die Feier zum Tag der Deutschen Einheit und Highlight des Tages, nein des Monats: Es gab LEBERKÄSSEMMELN!!!! I bin scho a bissal durchdraht… Leberkäs in Afrika – wer hätt´s gedacht.

Freitag, 24. September 2010

ruandan post

Endlich!
Ich bin in Kigali im DED-Büro und habe Internetzugang!
Da ich hoffe ab nächster Woche auch von Ngarama aus Zugang zur Außenwelt zu haben, versuche ich mich kurz zu fassen, obwohl es wahrscheinlich nicht gelingt.
Lange habe ich nicht realisiert, dass es jetzt losgeht und das Kribbeln im Bauch kam erst so richtig 15 min vor der Landung beim Anblick der Lichter Kigalis bei Nacht. Mein erster Flug, in Kigali zu Fuß über die Rollbahn laufen, hoffen, dass das Gepäck mit uns gelandet ist, mühsam alles in den Autos verstauen, im St Paul (unsere Herberge) ankommen. Ein aufregender erster Tag (nachdem ich dank Resi das Chaos um Perso und Gepäck in Frankfurt überstanden habe...).
Die erste Woche hatten wir noch Schonfrist. Alle 15 ww-Freiwilligen zusammen in Kigali bei einem weiteren Vorbereitungsseminar, diesmal aber etwas alltagsorientierter als das in Deutschland. Wir wurden eingeweiht in die wichtigsten Verhaltensweisen, erste Wörter auf Kinyarwanda und Gesten für den Alltag (man glaub nicht wie schnell man jemanden beleidigt bzw aufgefordert hat zu einem zu kommen, ohne es zu merken...). Wir besuchten ein ziemlich beeindruckendes Genozidmuseum und verbrachten einen Tag gemeinsam mit ruandischen Studenten.
In den nächsten Tagen sollten wir dann erfahren, wie es ist als Weißer durch eine afrikanische Stadt zu laufen - ich habe schon schönere Erfahrungen gemacht. Wobei Kigali da noch harmlos war im Vergleich zu dem was uns auf dem Dorf in Ngarama erwartet hat: Sowohl Kinder als auch Erwachsene bleiben mitten auf er Straße stehen, um mit dem Finger auf uns zu zeigen "Muzungu!!!" zu rufen und uns solange anzustarren, bis wir vorbei gegangen sind (wahrscheinlich auch noch länger).
Gewöhnen werde ich mich wohl nie daran und toll finden auch nicht, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir in ein paar Wochen nicht mehr soooo interessant sind. Abgesehen davon, dass es einfach nervt, ist es aber zum Großteil nicht böse gemeint und v.a. die Kinder sind einfach nur neugierig, weil sie noch nie zuvor eine weiße Person gesehen haben. Das Muzungu-Geschrei ist wahrscheinlich für die meisten weißen Ausländer hier erstmal das Aufwühlendste und wenn ich eine erste kleine Zwischenbilanz ziehen müsste:
ich fühle mich fremd, aber herzlich aufgenommen; die Lebens- und Arbeitsbedingungen sind schwierig, aber meistens sehr gut zu ertragen; das Essen schmeckt, aber mein Magen-Darm-Trakt will das noch nicht so recht glauben; Kinyarwand zu lernen ist noch schwerer als gedacht, aber die Tatsache, dass diese Sprache an meinem Arbeitsplatz die einzige verbale Kommunikationsmöglichkeit darstellt, wird den Lernfortschritt hoffentlich vorantreiben.
So richtig angekommen fühle ich mich noch nicht, es muss einfach noch ein bisschen Zeit vergehen.