Sonntag, 27. März 2011

was ihr immer denkt...

Sorry, sorry. Long time. Situation is good in Rwanda. Electricity is coming soon.
So, heute moechte ich gerne einmal ein bisschen aufraeumen mit Vorurteilen und Meinungen, die ich in E-Mails lese und in Telefonaten heraushoere. Es ist naemlich alles ganz anders als ihr denkt...
Erstmal zu mir selber: ich bin hier kein wohltaetiger Samariter, der selbstlos hier seinen Dienst tut. Nein, ich bin hier vorrangig aus egosistischen Gruenden hergekommen, um was neues zu erleben, um einen Traum zu erfuellen, um Spass zu haben. Ich bin weder Entwicklungshelfer noch allwissende Europaeerin, die den "dummen Afrikanern mal zeigt, wie sie ein gutes Leben fuehren koennen" - das koennen die naemlich schon ganz gut alleine.
Obwohl ich ja Volunteer bin, also Freiwillige und damit eigentlich unbezahlt, verdiene ich durch das Taschengeld von der GIZ (seit Januar gibts den DED nicht mehr, mehrere Organisationen wurden zusammengefasst) doppelt so viel wie ein ruandischer Lehrer verdient - davon laesst sichs ganz gut leben, vorallem da unsere Unterkunft nochmal separat bezahlt wird. Ich arbeite etwa sechs Stunden am Tag, auch nicht grade ein Heldentat. An den Wochenenden reise ich viel und besuche andere Orte in Ruanda. Selbstverstaendlich ist das nicht, denn in meinem Dorf gibt es wohl nicht viele Leute, die schonmal aus ihrem District heraus gekommen sind.

Ich will weltwaerts auf keinen Fall schlecht reden, denn fuer mich persoenlich ist es eine unglaublich wichtige Erfahrung und ich werde - was der eigentliche Sinn hinter der ganzen Aktion ist - auch nach meiner Rueckkehr das Interesse an der Entwicklungszusammenarbeit nicht verlieren und mich engagieren. Das Einzige was mir etwas schwer im Magen liegt ist, dass ich das Gefuehl habe zu Hause denken viele Leute ich bringe hier ein grosses Opfer, ich "helfe" selbstlos und muss unglaublich bewundert werden, nur weil ich keine Fussbodenheizung in der Wohnung und U-Bahnen vor der Haustuere habe. Ich lebe hier sehr gut und ich muss -abgesehen davon, dass ich euch leider so ewig lange nicht sehen kann - ueberhaupt kein Opfer bringen!

Das zu mir und dann gibts da ja noch abstruse andere Vorurteile:
- in Afrika (ich bin uebrigens in Rwanda, das ist ein Land, Afrika ein Kontinent; auch in den verschiedenen europaeischen Laendern gibt es Unterschiede, wir wollen doch nicht generalisieren) ist alles dreckig und vermuellt. Naja, was ich so gesehen habe, sind die dreckigsten Haeuser hier von deutschen Freiwilligen bewohnt, da die meisten Ruander morgens als erstes das Haus und den Platz vor dem Haus fegen. Jeden Tag und gruendlich. Danach wird sich gewaschen und zwar ordentlich, nicht nur schnell unter die Dusche stellen und ein bisschen Wasser drueber laufen lassen, wie wir das so gerne machen. Schuhe gibt es auch in "Afrika", denn barfuessig laufen nur Strassenkinder herum. Auf das Auessere wird grossen Wert gelegt und da wurde mit Sicherheit schon das ein oder andere Mal ueber diese Volunteers geredet, die doch wirklich mehr als genug Geld haben und trotzdem in diesen abgeranzten Chucks rumlaufen.
- die Menschen leben in kleinen Lehmhuetten. Ja, was soll man dazu sagen... Nein?! Natuerlich, es gibt Lehmhuetten, deren Fenster kaum Licht ins Haus lassen und die auch nicht verglast, sondern mit einem Holzvorschlag verschlossen sind. Aber wozu auch grosse Fenster im Haus? Das Leben findet draussen statt: der Tag beginnt mit dem Sonnenaufgang, wenn die Arbeit auf dem Feld beginnt. Gekocht, gegessen, gewaschen wird draussen und das Haus ist zum Schlafen da und da braucht man meistens relativ wenig Licht, weil man sowieso die Augen zu hat und nichts sieht.
Ich habe kaum Haeuser gesehen, die mit Stroh gedeckt waeren. Alle haben Ziegel- oder Wellblechdaecher. Viele haben einen kleinen Garten angelegt mit Blumen und Rasenflaechen und ich behaupte, dass der Grossteil der rwandischen Haeuser sauberer ist als der Grossteil deutscher Studenten-WGs.

- in den Bussen gibt es Sitze, die Motorradfahrer tragen Helme, es gibt in der Stadt Ampeln und Zebrastreifen, man kocht in Toepfen und isst mit Besteck, die Maenner gehen abends Bier trinken und Fussball schauen in der Kneipe, es gibt Seife, Schwaemme und Putzlappen.
Ich koennte noch tausend andere Sachen aufzaehlen, die es so gibt, von denen ich garnicht vermuten koennte, dass ihr denkt "das gibts doch in Afrika garnicht!".
Bitte glaubt mir, ich leide hier nicht, man kann wunderbar in Rwanda leben, ich bin keine zukuenftige Heilige!