Dienstag, 7. Juni 2011

Urlaub

Urlaub!

Seit genau einer Woche bin ich wieder in Rwanda, nachdem ich drei Wochen lang in Tanzania unterwegs war, worüber ich heute gern was berichten will.
Vor dem Urlaub sah es kurz so aus, als müsste der Tourstart für mich verschoben werden, da ich die Woche zuvor mit einer Nierenentzündung zu Hause lag und es mir wirklich nicht besonders gut ging. Aber dank Antibiotikum war ich zum Glück fit für den großen Urlaub, auf den ich mich schon seit Ewigkeiten freue.
Am Montag, 02. Mai, hatten wir in Kigali noch einen Seminartag zum Thema Entwicklungszusammenarbeit. Für mich ein ziemlich interessanter Tag, denn mich hat es noch mal sehr stark zum nachdenken darüber angeregt, was Entwicklungshilfe und Spendengelder eigentlich bewirken, was sie nützen und auch kaputt machen, warum wir eigentlich spenden, was man verbessern kann und was im Moment falsch läuft in der Entwicklungshilfe, die noch immer Hilfe und nicht die eigentlich notwendige Zusammenarbeit ist. Aber dazu vielleicht ein anderes Mal – jetzt Urlaub.
Am Dienstagmorgen haben wir uns um 5 Uhr aufgemacht im Bus nach Tanzania. Über die Grenze fahren geht hier nicht so einfach wie in Europa. Da hieß es erstmal auf rwandischer Seite raus aus dem Bus, zu Fuß zum „ausstempeln“ aus Rwanda, dann über den Grenzfluss nach Tanzania, dort „einstempeln“ und Visum bezahlen und schließlich auf den Bus warten, bis der auch in Tanzania angekommen ist, die Straßenseite gewechselt hat (in Tanzania fährt man wie auch in Uganda auf der linken Seite) und man wieder einsteigen kann.
Nur wenige Fahrminuten nach der Grenze waren die Hügel Rwandas weg und die Weiten Tanzanias begannen. Schon bis wir in Mwanza, unserem ersten Ziel am Victoria See, angekommen waren hatten wir all die vom Gesundheitsdienst verbotenen Sachen hinter uns: Eis, offene Säfte, Obst auf der Straße gekauft. War echt lecker und den drohenden Durchfall – der nicht kam – kann man bei einem schönen Stück Wassermelone schon mal vergessen. Mwanza fand ich bis auf die Tatsache, dass es am größten See Afrikas liegt, nicht besonders spannend und so ging es freitags für mich weiter nach Arusha. Von Anna und Lotte, mit denen ich in Kigali aufgebrochen bin (auch ww-Freiwillige), habe ich mich dann für drei Tage getrennt, weil die beiden in der Zeit zur Safari in die Serengeti gefahren sind.
Die Fahrt nach Arusha war ziemlich abenteuerlich, weil die Straße nicht gerade die beste ist, die Reise insgesamt 14Stunden gedauert hat und die nette Frau vor mir immer das Fenster offen hatte, was mir einen dezenten roten Ganzkörper-Sandbelag beschert hat. Aber gelohnt hat es sich auf alle Fälle, Arusha ist eine tolle Stadt. Ein ganz anders Afrika als das was ich aus Rwanda kenne, da es viel stärker islamisch geprägt ist. Bis auf die nervigen Leute, die einem immer Safaris, Bilder, Massaidorfausflüge usw andrehen wollen habe ich es total genossen, mal zwei Tage ganz alleine eine Stadt zu erkunden. Hier war ich auch ordentlich Shoppen auf dem Massaimarkt – als Touri darf man das: Unnütze Sachen kaufen, die dann später zu Hause verschenkt werden! Und natürlich Essen. In Tanzania ist man etwas kreativer mit dem Kochen als in Rwanda (auf Zanzibar haben wir später noch Rezepte aus einem Kochbuch abfotografiert – also geklaut -, ich kann jetzt zu Hause für euch die ganzen leckeren Sachen machen) und es gibt andere Gewürze außer Salz und Pilipili.
Am Montag kamen Lotte und Anna nach Arusha und wir waren zusammen im UN International Criminal Tribunal for Rwanda. Dort werden noch 17 Jahre nach dem Genozid Gerichtsverhandlungen geführt und wir hatten Glück und es fand gerade die Vernehmung eines Zeugen statt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine Gerichtsverhandlung so spannend finden würde. Wir saßen hinter einer Glaswand mit Kopfhörern, der Zeuge mit dem Rücken zu uns und über die Kopfhörer wurde auf Englisch und Französisch die Verhandlung übertragen. Natürlich habe ich schon vieles über den Völkermord gelesen, aber wirklich zu hören, wie jemand über diese Zeit berichtet, wie ihm kritische Fragen gestellt werden, wie nochmal Details genannt werden, von denen ich nichts wusste, machen die Geschichte Rwandas wieder greifbarer und wirklicher. Dieser Besuch hat uns sehr beeindruckt und auch zum Nachdenken gebracht.
Am nächsten Morgen ging es schon weiter nach Moshi, eine Stadt ganz in der Nähe Arushas, von der aus man den Kilimanjaro sehen kann. Leider war es bewölkt, wir haben gar nix gesehen. Dafür haben wir uns Moshi angeschaut, ich hab die schönste Moschee gesehen und vergessen sie zu fotografieren, wir haben es zu dritt nicht mal zur Hälfte geschafft einen der riesigen Baobab-Bäume zu umarmen, wieder Souvenirs gekauft, Busticket nach Dar es Salam besorgt, schlafen.
Wieder weiter mit dem Bus und weil es eben Tanzania und nicht Rwanda ist dauert so eine Busfahrt halt nicht nur drei Stunden, sondern mal wieder einen ganzen Tag. Dar es Salam erinnert im Zentrum mehr an eine europäische Stadt: zweispurige Zubringerstraßen aus den Vororten, riesige Hochhäuser, Fastfood-Restaurants. Da konnten wir einer Pizza natürlich nicht widerstehen… Ah, fast hatte ich es vergessen, das beste Getränk der Welt: STONEY TANGAWIZI! Limo mit Ingwer – geil (ich denke es ist noch niemandem aufgefallen, dass Essen ein essentieller Teil meiner Reise war, oder?)
In Dar es Salam haben wir uns zum Glück ordentlich verlaufen und deshalb viel von der Stadt gesehen, wir waren auf dem Fischmarkt (ja, Fisch stinkt und vor allem die riesigen Kessel mit heißem Fett, wo die Fische frittiert werden) und auf einer kleinen Insel direkt vor Dar es Salam mit einem Strand wie man es aus dem Reiseprospekt kennt. Ich war seit sechs Jahren nicht mehr am Meer und dann gleich so ein Strand!
Aber der richtige Standurlaub kam erst noch auf Zanzibar, unsrer letzten Station.
Also mit der Fähre drei Stunden Fahrt über den indischen Ozean auf Zanzibar. Die ersten zwei Tage waren wir in Zanzibar Town, genauer gesagt der „Altstadt“ von Zanzibar Town, Stonetown. Hier hab ich mich nun wirklich nicht mehr wie in Afrika gefühlt sondern eher irgendwo in der arabischen Welt. Sollte ich noch einmal eine große, längere Reise machen können, würde ich ein arabisches bzw. muslimisches Land wählen. Stonetown besteht aus vielen kleinen Straßen, gesäumt von zwei- oder mehrstöckigen Häusern mit schweren Holztüren und mit winzigen oder gar keinen Durchgängen dazwischen, kleinen Balkonen und winzigen Läden, die wieder unzählige Souvenirs verkaufen. Dazwischen Moscheen und Hindutempel. Abends werden in den kleinen Straßen die Teekocher aufgestellt und rundherum versammelt man sich zum Teetrinken. Dann natürlich noch das Highlight: abends im Hafen gibt es ein riesiges Fischbarbecue. Eigentlich bin ich ja nicht so der Fischfan, aber das war erstens ziemlich lecker und zweitens gegrillten Fisch essend am Hafen sitzen hat schon was…
Aber wir wollten ja an den Strand und nur noch fünf Tage übrig. Nachdem wir uns am Oststrand angekommen dazu entschieden hatten doch lieber in den Norden zu fahren und wir ein paar nicht sehr schöne Erfahrungen mit tanzanischen Ärzten gemacht haben, weil Anna krank wurde, waren es plötzlich nur noch zwei Strandtage, die sich aber auf jeden Fall mehr als gelohnt haben. Weißer Sandstrand, türkises Wasser, Sonnenschein, beachen im Sonnenuntergang, Cocktail in der Strandbar, Schnorcheln und Schwimmen im klaren Wasser.
Damit war der Urlaub auch schon vorbei und eine ewige 35Std dauernde Rückfahrt später war ich auch schon wieder in Ngarama angekommen.
Der Urlaub war schön und es war total wichtig mal ein anderes Land gesehen zu haben, sonst würde Afrika für mich immer so sein wie Rwanda ist.
Noch weniger als 100 Tage sind übrig, die ich nachm Urlaub jetzt voll entspannt genießen kann!